Endlich Schweden. Anikas Bruder ist mit seiner Familie mit uns unterwegs. Unseren ersten Kontakt mit schwedischer Idylle haben wir an einem nahe der Fahrtroute gelegenen See an dem wir eine Pause machen wollen. Die Zufahrt zum See ist umständlich und nicht leicht zu finden. Umso verzweifelter mögen sich die zwei deutschen Radfahrer gefühlt haben, die dort am Ufer die Ruhe genossen und sodann in Baggerseemanier von uns Sieben lautstark benachbart wurden.
Abends erreichen wir endlich unser Ziel Berfendal im Herzen von Bohuslän, dem Trad-Kletter-Eldorado aus solidem rotem Granit. Nahe Berfendal kann man auf dem Gelände des Kletterclubs campieren. Wir hatten zwar mit ein paar anderen Kletterern vor Ort gerechnet, aber als wir dort die Zelte Hering an Hering stehen sehen, sind wir doch ziemlich baff. Aber gleich kommen ein paar Kletterer geeilt, parken ihre Autos um und suchen einige Lücken für unsere Zelte. Alle hier sind sehr offen und unkompliziert.
Am ersten Tag erkunden wir mit kleinen Wanderungen die Gegend und wir finden die ersten Pilze der Saison – was wir damals nicht wissen: diese Saison wird lang und ertragreich. Am Abend stossen noch Johannes, Selma und Tilli zu uns. Somit sind wir drei Familien mit drei VW-Bussen in weiss, rot und blau. Je nach Parkordnung symbolisieren wir Frankreich, Russland oder Schleswig Holstein.
Aber nun geht es endlich an den Fels – im Supermarkt erstehen wir den neu erschienen Kletterführer und machen mit Hällers Myr einen Klettersektor aus, der direkt an einem schönen See liegt und auch unsere Nichtkletterer begeistert. Schnell wird klar, dass es hier ausser dem tollen Ambiente und prima Wetter nicht allzu viel geschenkt gibt. Die Klettereien sind meistens sehr technisch und hart bewertet. Dass es fast nie einen Bolt gibt, macht das Ganze nicht viel leichter. Neu für uns ist auch, dass es an den Ausstiegen oft keine Umlenker gibt und man nach der Tour ein Top-Rope mit mobilen Sicherungen einrichten muss. Auf so manchen glatt geschliffenen und kahlen Schärengipfeln ist das keine leichte Aufgabe und dauert mitunter länger, als die Route zu klettern – aber da nicht jeder von uns vorsteigen will, übt sich Nicky auch in dieser Disziplin.
Unter der Woche nimmt die Zeltdichte auf dem Zeltplatz deutlich ab und wir haben es gemütlicher. Zwischendurch sieht man sogar mal ziemlich viel Rasen, den die Männer an einem Ruhetag in einem Anfall von Arbeitswut mähen. Hella, Beeke, Tilli und Jakob helfen natürlich. In der Mitte des Grundstücks steht ein recht grosser und vor allem trächtiger Schwarzer Johannisbeerstrauch – sehr zur Freude Nickys, der die Ernte gerne übernimmt. Im nun gemütlicheren Rahmen schliessen Bekanntschaft mit einer dänischen Kletterfamilie mit zwei kleinen Mädchen und zwei Kletterern aus Zürich. Mal sehen, ob es ein Wiedersehen gibt.
Während Südeuropa gerade in einer extremen Hitzewelle schwitzt, haben wir hier im Norden stabiles aber gemässigtes Sommerwetter bekommen. Wenn es mal regnet, dann nur nachts. Daher sind wir in unserer Auswahl an Klettersektoren recht frei und am Ende haben wir zehn Sektoren besucht. Da wir oftmals nur halbe Tage klettern, um auch noch zu baden oder nach ein oder zwei Trad-Routen mental schon die Luft raus ist, klettern wir „nur“ etwa 20 Routen in gemässigten Schwierigkeiten. Aber immerhin konnte Nicky die drei ganz grossen 6-minus-Klassiker von Bohuslän klettern: Prismaster, Bergkirstis Polska und Vilskudd. Wer denkt, Schweden sei ein flaches Land, dem sei gesagt, dass die Routenlängen der drei Klassiker immerhin zwischen 40 und 55 Metern liegen.
Deutlich kürzer ging es an den Klippen von Smögen, einer Touri-Hochburg am Meer, zu. Wir kommen in zwei Routen auf gerade mal 20 Klettermeter und das für 22 Euro Parkgebühr. Einige Sektoren liegen direkt in der Fussgängerzone. Johannes und Nicky geniessen aber den super Fels mit Meerblick etwas ausserhalb, während die anderen die Strände und Eisläden besuchen.
Wer in Schweden ist, muss natürlich auch mal Kajak fahren. Das „Muss“ entpuppt sich als ein Highlight des Urlaubs. Mit unseren drei Kanadier-Booten fahren wir eine tüchtige Strecke auf einem ruhigen Fluss. Wir machen auch zwei ausgedehnte Pausen, essen Picknick und gehen baden. Auf dem Rückweg leiden wir etwas unter dem Gegenwind, aber der muss sich schon mehr anstrengen, um uns aufzuhalten.
Auch ein Besuch von Fjällbacka gehört zu unserem Familienprogramm. In Fjällbacka wandern wir alle durch die Kungsklyftan auf den Vetteberget, oben dann mit tollem Ausblick auf Inseln, Meer und Küste. Am meisten Spass hat Hella an diesem Aufstieg. Sie nennt es Klettern und hüpft von Stein zu Stein. Oben erwartet uns ein wohlordentlicher Wind, so dass wir uns für eine kurze Rast in eine Senke kauern müssen. Wir überschreiten das Hochplateau, die Kinder suchen begeistert die blauen Wegpunkte, und kommen in einem Bogen in die Stadt zurück. Ein Stück Strand noch – und dann der Eisladen.
Auf Sabines ausdrücklichen Wunsch besuchen wir die Schneeleoparden im nahegelegenen Zoo „Nordens Ark“. Irgendwas hatte der NABU mit denen zu tun. Leider wussten die das nicht und machten sich ziemlich rar. Aber etliche andere Raubkatzen gab es zu sehen und zwar in wirklich tollen, grossen Gehegen. Während andere Zoos Felsen bauen müssen, können sich die Tiere hier in echten Felsklüften ausleben. Das macht ihre Beobachtung etwas schwieriger, aber eben auch realistischer. Ich würde sagen, Nordens Ark ist der beste Zoo, den wir je besucht haben.