Wie schon im letzten Post aus Niedersachsen zu lesen war, verbrachten wir einige Tage zusammen mit Olaf in Göttingen. Hier gibt es nun seinen Reisebericht in Briefform.
Donnerstag, 4. Juni 2015
Liebe Kinder, liebe beiderseitigen Eltern und Großeltern, mein Enkel Jakob „reist“ gerade durch Europa und hat mich eingeladen, nach Göttingen zu kommen. Aber wo ist Göttingen? Ich schaue in einen Atlas und sehe: gleich hinterm Harz und dann links. Und so komme ich noch einmal in meinem Leben nach Göttingen. Am Bf angekommen, suche ich nach Hinweisen auf den berühmtesten Sohn der Stadt: C.F. Gauß. Ja, der auf dem 10-Mark-Schein. Aber ich finde am Bf keinerlei Hinweise auf die Sternwarte, ein Denkmal, sein Grab. Aber dafür gibt es Hinweise auf ein Primatenzentrum , was auch immer das ist. Auf dem Bf-Vorplatz erreicht mich ein Anruf von Nicky, er braucht noch ein paar Flipflops als Geburtstagsgeschenk. Flipflops sind elektronische Kippschaltungen, dachte ich bis jetzt. Deshalb lasse ich mir am Telefon erklären, was er damit macht auf der „Reise“. Also Flipflops sind Sandalen für ohne Strümpfe. Jedoch gibt es am Bf nur einen Bf-Vorplatz, einen ZOB und sonst nix. Also mache ich mich auf den Weg in die Altstadt.
Gleich am Beginn der Fußgängerzone werde ich fündig und sehe eine Flippothek. Aber ich irre, denn dort gibt es alles, außer Sandalen. So ziehe ich weiter bis zum Markt und zum alten Rathaus. Dort stehen Denkmäler, aber keins für Gauß. Eins für Lichtenberg (aufgestellt vom Behindertenbeauftragten) und eine Gänseliesel (aufgestellt von der Frauenbeauftragten). Gäbe es eine(n) Gleichstellungsbeauftragte(n), dann würde Gauß nicht am Stadtrand auf seine Verehrer warten müssen.
Genug von Göttingen eile ich zum ZOB, weil wir uns treffen wollen am Campingplatz Seeburger See, etwa 20 km östlich von Göttingen. Ein Bus bringt mich bis zur Ortsmitte von Seeburg. Aber ich hätte besser nicht aussteigen sollen, denn dort ist nix, weder Ort noch Mitte. Sogar der Bäcker macht erst um 15 Uhr wieder auf. So habe ich etwas Zeit, schreibe diese Zeilen und viele Ansichtskarten. Beim Bäcker höre ich dann die Nachricht, dass im See Handgranaten gefunden wurden und Segeln und Baden verboten sind. Und das, wo wir doch morgen und übermorgen über +30° erwarten. Aber jetzt erwarte ich erst einmal Enkel Jakob. Und tatsächlich, plötzlich kommt ein weißer Bus und drinnen sind JAN. Schnell finden wir auf dem Campingplatz am Seeburger See einen Platz für den Bus und für ein Zelt. Und noch ein Abendbrot, dann ist der 1. Tag im Göttinger Wald schon vorbei.
Liebe Grüße Olaf
Freitag, 5. Juni 2015
Liebe Kinder, liebe beiderseitigen Eltern und Großeltern, geschlafen haben wir gut und das Frühstück wird ebenso gut, weil Jakob beim Leiter des Campingplatzes frische Brötchen holt. Heute werden wir gemeinsam zu einem kleinen Wald mit Kletterfelsen mit dem weißen Bus fahren. Die Felsen sind Buntsandstein in der Nähe der Burgruine Plesse, in Mariaspring. Den Buntsandstein sehen wir später in Göttingen wieder. Die Kinder klettern viel und lange, zu lange und so machen Jakob und ich uns auf die Suche nach einem Eis. Wir gehen vom Felsenfuß runter zurück ins Dorf Mariaspring und unten angekommen steht gerade ein Bus und was machen wir? Wir springen in den Bus und sagen dem Busfahrer, dass wir bis zur nächsten Eisdiele mitfahren möchten. Und so kommen wir einmal im Leben auch nach Bovenden, wo auch immer das ist. In der Eisdiele lassen wir es uns gut gehen und kaufen noch Obst ein. Dann bringt uns der Bus nach Mariaspring zurück, wo Nicky und Anika gerade mit dem Klettern fertig sind. Alle fahren wir nun mit dem weißen Bus zum Campingplatz zurück und lassen spät abends den Tag ausklingen auf der Terasse vom Campinglatzrestaurant. Jakob ist per Babyphon zugeschaltet.
Liebe Grüße Olaf
Sonnabend, 6. Juni 2015
Liebe Kinder, liebe beiderseitigen Eltern und Großeltern, heute hat Nicky Geburtstag. Zum Frühstück überraschen wir Nicky mit Blümchen, Pizza (aus Gummitieren), Kuchen und Geburtstagslied. Nach dem Geschenkeauspacken schicken wir die Eltern zum Klettern und Jakob und ich machen uns einen schönen Tag im Naturfreibad am Seeburger See. Zwar darf nicht gebadet werden (s.o.), aber 2 Planschbecken gibt es für Jakob. Das Wasser ist kalt, Jakob sagt „zu kalt“. Aber tapfer springt er den ganzen Tag rein, nur unterbrochen vom Mittagessen, 5 min Mittagsschlaf und Kaffeetrinken. Jakob wählt Mangotorte. Dieses Stück ist größer als sein Kopf. Am Nachmittag kehren die Eltern zurück und wir fahren mit dem weißen Bus nach Duderstadt. Dort sieht es schon sehr nach Harz aus. Hübsche Fachwerkhäuser, wohin wir blicken. Wenn ich schon in Quedlinburg oder Wernigerode gewesen wäre, dann würde ich sagen: „Wie in Quedlinburg oder Wernigerode“. So bleibt mir nur: „Wie in Goßlar“. Duderstadt ist eine der beiden Kreisstädte des Eichsfelds. Wir sitzen am Markt an der Oberkirche und bekommen in der italienischen Eisdiele die letzten Kugeln Eis des Tages. Im Stadtpark wärmen wir uns auf, dort gibt es viele Spielgeräte für kleine und für große (Geburtstags-) Kinder. Nicky wünscht sich dann noch Döner, kann er ja, denn er hat Geburtstag. Aber wir lassen uns die Döner einwickeln und fahren zurück zum Campingplatz und essen sie dort. Zum Tagesausklang werden Jakob Wunderkerzen versprochen, aber das erweist sich später als „versprochen“.
Liebe Grüße Olaf
Sonntag, 7. Juni 2015
Liebe Kinder, liebe beiderseitigen Eltern und Großeltern, wir überlegen, ob wir an einem Sonntag mal was gemeinsam machen. Ein Erdbeerfest wäre genau das Richtige für alle. Aber wo ist heute gerade Erdbeerfest? Das weiß selbst Herr oder Frau Google nicht. So bleibt nur das Alltägliche: die Eltern klettern und Jakob und ich gehen ins Planschbecken. Vom Steg in den Seeburger See aus dürfen wir zusehen, wie die Haubentaucherin ein Ei ausbrütet, während dessen der Haubentaucher noch das Nest ausbaut. Dafür schleppt er bspw. Seerosenblätter herbei, die größer sind als er selber. Das Wasser ist immer noch „zu kalt“. Selbst Jakobs Quietsche-Entenmama und 2 der 3 Küken ziehen es vor, nach Süden auszuwandern. Der Mittagsschlaf fällt heute unerwartet lange aus: anderthalb Stunden liegt Jakobs Kopf auf meinem Arm und er bringt dadurch den ganzen Plan durcheinander. Eigentlich wollten wir noch alle gemeinsam in Duderstadt ins Freibad gehen. So bleibt nur ein schöner Tagesausklang im Naturfreibad. Gemeinsam schauen wir noch einmal nach den Haubentauchern, planschen und sind auf dem Spielplatz beinahe so lange, bis die Sonne untergeht. Zum Abendbrot gibt es als Dessert eine ganze Melone. Jakob schafft sein Viertel ganz alleine. Dennoch gibt es wieder keine Wunderkerzen, dafür aber langes Duschen unter der Familiendusche.
Liebe Grüße Olaf
Montag, 8. Juni 2015
Liebe Kinder, liebe beiderseitigen Eltern und Großeltern, heute ist unser Abreisetag. JAN „reisen“ weiter in Richtung Westharz und ich über Göttingen nach Berlin zurück. Aber ob alles so kommen wird, das wissen wir noch nicht, denn es ist halb 10 Uhr morgens und Jakob noch nicht wach. Merkt er, dass unsere schöne Zeit zu Ende geht? Irgendwann wird er dann wach. Wir holen von der Rezeption die letzten Brötchen, ein Paket ist heute nicht für Jakob da. An den anderen Tagen bekam er immer ein Paket. Wir nehmen Abschied von den Zeltplatzgoldfischen, -hühnchen und vom -hasen. Inzwischen ist das Zelt im weißen Bus und wir fahren nach Göttingen. Dort möchte ich noch versuchen, etwas Gauß zu sehen. Wir beginnen am Albani-Friedhof. Er liegt mitten in einem Stadtpark, ist eigentlich mehr eine Wiese als ein Friedhof. Links und rechts der Wiese sind Kinderspielplätze und ein Rosarium. Auf der Wiese stehen hunderte Grabsteine ohne Ordnung herum. Alle 100 Jahre alt und älter! Aber wo liegt Gauß? Nicky findet den Grabstein als Erster, weil der Grabstein jüngst gereinigt wurde. Ein Foto und weiter geht es zur Sternwarte. Nicky und ich lassen Anika und Jakob auf einem der Spielplätze zurück und wir suchen die Sternwarte, Gauß‘ lebenslängliche Arbeitsstätte. Abgesehen davon, dass wir uns beim Suchen dämlich anstellen, ist das Gesuchte enttäuschend. Das ganze Haus verriegelt und verrammelt, sieht aus wie ein elitärer Tennisklub am frühen Morgen. Kein Museum weit und breit. Keine Menschen weit und breit, das Gegenteil von der Pariser Sternwarte, wie Nicky berichtet. Eine Nachbildung des Gauß-Weber-Telegrafen steht im Garten, aber der Telegraf arbeitet montags nicht. Nun hat es sich ausgegaußt, wir suchen einen Ort zum Mittagessen, finden auch im Neuen Rathaus eine Kantine im 13. Stock mit Blick auf Göttingen. Aber sie schließt in 10 Minuten und wir müssen ja erst noch Anika und Jakob finden. So begnügen wir uns mit einem Bäcker am Rande des Stadtparks. Es bleibt noch Zeit für den Göttinger Marktplatz und ein Markteis. Dann verabschieden wir uns, ich muss zum Bf, um 16 Uhr fährt mein Zug. Warum die DB eine Schulklasse auf Klassenfahrt in mein ICE-Ruheabteil steckt, das weiß ich nicht. So bleibt statt lesen nur aus dem Fenster gucken. Die Burgruine Plessa und ein Fernsehturm rauschen vorbei. So geht ein schöner Kurzbesuch bei den „Reisenden“ zu Ende.
Danke Olaf